Kreml

Hier ein leider nur kurzer Test von Kreml, den ich schon vor längerer Zeit für unsere Spieleclubzeitschrift geschrieben habe:

Kreml Der KGB-Chef versucht gerade mal wieder unliebsame Parteimitglieder nach Sibirien zu schicken. Darüber ist der Verteidigungsminister so erbost, daß er seinen Kollegen der Spionage verdächtigt und in all dem Chaos stirbt der Staats- und Parteichef nach kurzer schwerer Krankheit.
So geht es bei Kreml am laufenden Band. Von der Wirklichkeit doch schon etwas überholt, ist dieses Fata-Morgana-Spiel immer noch ein Glanzstück jeder Spielesammlung. Obwohl Interaktion einen zentralen Punkt des Spieles bildet, werden sowohl eigenbrötlerisch, in sich gekehrte Spielernaturen, als auch extrovertierte Machertypen vom Spiel erfasst.
Theoretisch ist es möglich das Spiel zu gewinnen, ohne ein einziges Mal in das Geschehen einzugreifen. Deshalb macht es zwar viel Spaß Aktionismus zu entfalten, alle anderen gegeneinander und gegen sich selbst aufzuwiegeln, es kann aber nie den Sieg garantieren, selbst wenn man das Ende des Spiels in voller Absicht zu seinen Gunsten herbeiführt.

Warum? Zunächst einmal zum Spielgeschehen. Wie der Name vielleicht schon andeutet geht es darum, die Macht im Kreml zu erringen. Dazu muß frau in drei Jahren als ParteichefIn die Oktoberparade auf dem Roten Platz in Moskau abnehmen. (Ja, immer schön mit der dicken Bärenfellmütze winken!) Als Kandidaten stehen insgesamt 24 Charaktere in unterschiedlichen Positionen zur Auswahl. Dabei sind unterschiedliche Posten in Ebenen zusammengefaßt. So bilden Verteidigungs-, Außenminister und KGB-Chef die zweite Ebene, 4 niedrigere Minister die 3., 5 Kandidaten die vierte und das Volk (der Rest) die fünfte. Abseits befinden sich noch zwei weitere Örtlichkeiten: Sibirien für die Dissidenten und die Kreml-Mauer für die verstorbenen Genossen. Jede Spielrunde ist in mehrere Phasen aufgeteilt. Zuerst dürfen alle Politbürolisten auf Wunsch in Kur fahren. Damit steigt zwar ihre Chance gesund zu werden, gleichzeitig aber sinkt die Chance nach der Gesundung auch noch ein Amt zu haben (siehe Gorbatschow). Außerdem werden die Amtsgeschäfte der abwesenden Politbüromitglieder von deren Stellvertretern ausgeführt und wer traut schon seinen Untergebenen. Als nächstes darf der KGB-Chef versuchen, mit Hilfe des Würfels Politbürolisten nach Sibirien zu verbannen; je höher die Position des Gegners, desto schwieriger. Dann versucht der Verteidigungsminister feindliche Spione zu entlarven. Dazu leitet er zuerst Untersuchungen ein, die er in der nächsten Runde zu Anklagen ausweiten kann. Anschließend wird für jeden aktiven Genossen auf eine Tabelle gewürfelt, ob er krank wird oder sogar stirbt. Da alle Aktionen während des Spieles den jeweiligen Genossen Strafpunkte, sprich Lebensjahre, kosten, altern die Aktiven rapide und sterben der Wahrscheinlichkeit nach auch früher. Die nun durch Tod und Verbannung entstandenen Lücken werden durch Ersetzungen aufgefüllt, wobei immer eine Ebene für alle unteren Ebenen über die Besetzungen bestimmen darf. Ist sogar der Posten des Parteichefs vakant, wird in sehr undemokratischer Manier ein Nachfolger gewählt. Zum Ende der Runde können unliebsame Genossen aus Sibirien zu einem hohen Preis rehabilitiert werden und als krönender Abschluß nimmt der alte oder neue (meistens der neue) Parteichef die Oktoberparade ab. Oder nicht, wenn er zu krank ist.

Hört sich das alles schon recht spaßig an, so habe ich mir den Clou bei diesem Spiel doch für zuletzt aufbewahrt. Bei Kreml schlüpft nämlich nicht, wie sonst üblich, ein Spieler in die Rolle eines Postens. Es werden vielmehr zu Beginn des Spiels verdeckt genau 1 bis 10 Einflußpunkte auf 10 beliebige Charaktere gesetzt. Befindet sich nun solch ein Charakter in der Position in der er agieren kann, so legt der Spieler einen Teil seiner Einflußpunkte offen aus (maximal die die gesamten geheimen Einflußpunkte für diesen Charakter).

Noch einige Zusatzinfos: Kreml, erschienen bei Fata Morgana bzw. später! als Kremlin bei Avalon Hill Autor Urs Hostettler Preis je nach Angebot 35,- bis 60,- Spielmaterial in der Schweizer Ausgabe ziemlich mies, bei der AH-Version wie üblich relativ gut.

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